Am Morgen des 05.09.2019 beginnt die Reise nach Rom (in den Vatikan), zu Papst Franziskus. Dies ist aber keine gwöhnliche Reise, denn an Bord ist eine 2,20 Meter große Elsbeere (eine der ältesten und resistentesten Bäume im Westerwald) aus meiner Heimat, eben dem Westerwald. Dort ist die Elsbeere leider eine Rarität geworden und das, obwohl diese Baumart bereits vor 20.000 Jahren hier verwurzelt war.
Die Idee, einen Baum von Papst Franziskus segnen zu lassen, als Symbol und Ausgangspunkt unserer Aufforstungsaktion, stand nach dem Lesen seiner Umwelt-Enzyklika „Laudato Si“ fest. Diese stellt den Bezug von Umweltschäden zu Armut und Folgen unserer Wirtschaftsform und den Umgang mit der Schöpfung dar. Gemeinsam mit der Abtei Marienstatt, dem Zentrum der Aufforstungsaktion, entwickelten wir ein Konzept, nach dem, unter Einbindung von Kontaktpersonen der katholischen und evangelischen Kirche, sowie der Deutschen Botschaft, die Audienz und die Segnung des Baumes realisiert werden konnte.
Da offenbar noch niemand einen Baum aus Deutschland von Papst Franziskus im Rahmen einer Mittwochsaudienz segnen ließ, erwies sich das Unternehmen, auch aus Sicherheitsgründen, recht schwierig. Die Audienz fand am Mittwoch, den 11.09.2019 um 9.30 Uhr statt.
Die Audienz:
Früh am Morgen, weit vor Sonnenaufgang, beginnen die letzten Vorbereitungen für die Segnung. Der Baum wird schön verziert, noch einmal gegossen und ein Buch zur Geschichte der Abtei Marienstatt, welches von allen Mönchen der Abtei Marienstatt unterzeichnet wurde, wird als kleines Geschenk und Erinnerung für Papst Franziskus vorbereitet.
Die Menschenmassen, denen wir begegneten auf dem Weg zur Audienz, fanden es ziemlich ungewöhnlich, einen so großen Baum in einer Filztragetache durch die Stadt zu schleppen. Mit Übertopf und Wurzelballen wiegt die Elsbeere 5-6 kg. Die Enge des Berufsverkehrs in der U-Bahn machte die Aktion nicht einfacher. Sichtlich erleichtert erreichten wir nach 4 Stationen die Nächstliegende zum Petersplatz, von wo aus es noch einen halben Kilometer zu Fuß weitergeht, durch die Straßen Roms zum Petersplatz. Hier begann das eigentliche Abenteuer!
Tags zuvor mussten wir bereits die Eintrittskarten für die Audienz in der Prima fila (die erste Reihe) im Vatikan abholen. Nur in der Prima fila begegnet der Papst den einzelnen Personen und widmet sich persönlich deren Anliegen. Am Audienztag standen nicht nur hunderte, sondern tausende Menschen an, um sich Plätze auf dem Petersplatz zu sichern. Für viele ist die Audienz das absolute Highlight des Rombesuches, wie auch für mich.
Unter den Säulen der Kollonaden standen bereits erste Sicherheitskontrollen an, von Ganzkörperscannern, Hundestaffeln bis hin zur Armee, ist so für die Sicherheit gut gesorgt. Auch der Baum wurde auf mögliche Sprengstoffe untersucht und mehrmals misstrauisch beäugt, denn zuvor hatte noch niemand einen so großen Baum in die Audienz mitgebracht. Die ausgezeichnete Organisation der Audienz ließ uns keinen Zweifel daran haben, dass der Baum alle Sicherheitsschranken problemlos passiert. Schließlich nahm die Schweizer Garde den Baum an sich, um ihn später kurz vor der Segnung wieder an unseren Platz zu tragen. Auch wir nahmen unsere Plätze ein, leicht rechts vom Sitz des Papstes, mit direktem Blick auf ihn. Mit großem Trommelwirbel und Orchestermusik begann die Audienz feierlich. Papst Franziskus erschien zunächst auf seinem Papamobil auf dem Petersplatz in der Menschenmenge. Die Menschen waren ganz aus dem Häuschen, schrieen und jubelten ihm zu. Auf großen live- Bildschirmen bekam ich Papst Franziskus zum erstenmal für diesen Tag zu Gesicht. Erst als der Wagen hielt und Papst Franziskus die ersten Schritte in Richtung der Kardinäle ging, welche an der Seite und hinter ihm saßen, sah ich ihn mit eigenen Augen. Begleitet von der Kamera und vielen Sicherheitsleuten erstrahlte er in hellstem Weiß und ging in Richtung zur Prima fila. Zunächst begannen die Kardinäle mit einer kurzen Ansprache an die Gläubigen. Es folgten weitere kurze Ansprachen und Dankesreden an die Pilgergruppen weltweit, die sich ebenfalls vorort eingefunden hatten.
Hauptsächlich wurde vom Besuch des Papstes in Mosambique und Madagaskar, seinen dortigen Erfahrungen und Einschätzungen berichtet. Diese Rede wurde nacheinander in verschiedenste Sprachen übersetzt, der Papst selbst sprach in seiner Landessprache. Mit einem gemeinsamen „Vater unser“ in Latein wurde die General-Audienz beendet.
Anschließend schritt der Papst zur Prima fila. Wir standen auf der rechten Seite und ich war angespannt, wie noch nie. Papst Franziskus wandt sich an die ersten Personengruppen, um z.B. die mitgebrachten Rosenkränze zu segnen. Wenige Menschen trennten den Papst nun noch von uns. Die lange Vorarbeit und Ausdauer machten sich jetzt bezahlt. Papst Franziskus stand nun vor mir und ich hatte das erste Mal direkten Augenkontakt. Dr. Hans Snoei (mein Stiefvater) sprach mit ihm erste Worte über die Aufforstungsaktion und den aktuellen Waldzustand im Westerwald. Als er den Blick zu mir wandte, erzählte ich von dem Baum, den wir mitgebracht hatten, und wofür er dient, nämlich als Mittelpunkt unserer Aufforstungsaktion. Vollends begeistert und sehr interessiert schaute er sich die Elsbeere (den Baum) an und schien tief in Gedanken versunken. Ich bat ihn dann, den Baum zu segnen. Papst Franziskus wandte sich dem Baum zu und segnete ihn. Abschließend überreichten wir ihm, als Zeichen der Dankbarkeit und Erinnerung an die Abtei Marienstatt, das entsprechende Buch, welches alle Patres der Abtei unterschrieben hatten. So waren auch sie förmlich an der Audienz beteiligt. Ein Foto, das den aktuellen Waldzustand zeigt, war dem Buch hinzugefügt. Papst Franziskus bedankte sich für diese Geschenke herzlich. Ich sah ihm an, dass das Thema Klimaschutz und unser Engagement, ihn sehr erfreute. So verabschiedete er sich von uns mit einem Lächeln.